Man hört häufig, dass rauchende Schwangere nicht sofort aufhören, weil sie glauben, dass ihr Baby dann von Entzugserscheinungen betroffen ist.
Dr. Rolf Englisch: Diese Sorge ist völlig unbegründet und aus meiner Sicht nur eine Rechtfertigung dafür, nicht sofort aufzuhören. Von den Entzugserscheinungen des Körpers der Mutter bekommt das Baby nichts mit. Bei rauchenden Schwangeren zeigen die Kinder nach der Geburt deutliche Entzugserscheinungen – und das ist wirklich kein schöner Start ins Leben.
Gibt es spezielle Behandlungsmethoden für Schwangere, die nicht vom blauen Dunst loskommen?
Dr. Rolf Englisch: Nein. Betroffene sollten ihren Konsum auf ein Minimum reduzieren und sich weitere Hilfen suchen – zum Beispiel in Selbsthilfegruppen.
Man hört immer wieder Sätze wie „Früher ist es doch auch gut gegangen“ oder „ein Schlückchen Sekt ist gar nicht so schlimm“...
Dr. Rolf Englisch: Dem muss ich entschieden widersprechen. Alkohol geht durch den Kreislauf der Mutter direkt in den des Kindes über und kann so verschiedene Probleme verursachen.
Welche können das sein?
Dr. Rolf Englisch: Es können geistige Defizite oder psychische Auffälligkeiten auftreten. Manchmal kommt es noch schlimmer. Dann sprechen wir von einer fetalen Alkoholspektrum-Störung (FASD).
Wodurch ist das gekennzeichnet?
Dr. Rolf Englisch: Es gibt unterschiedliche Ausprägungen. Typisch für betroffene Kinder sind Gesichtsfehlbildungen. Etwa tieferliegende Ohren, weiter auseinanderliegende Augen oder sehr breiten Nasen. Darüber hinaus spricht das kindliche Gehirn viel stärker auf Alkohol an – beim Ungeborenen sterben viel mehr Gehirnzellen ab als bei Erwachsenen. Die Folgen begleiten die Kinder ein Leben lang. Deswegen sollten alle Frauen, sobald sie von ihrer Schwangerschaft wissen, kein Nikotin und keinen Alkohol zu sich nehmen. Für beide Drogen gilt: null Toleranz.
Frau Mickler, haben Sie die Nikotin-Abstinenz durchgehalten?
Ines Mickler: Leider nein. Inzwischen rauche ich nur noch gelegentlich. Während meiner zweiten Schwangerschaft habe ich aber wieder komplett darauf verzichtet. Das zeigt: Ich kann ohne – daran muss ich nur konsequent arbeiten.
80%
der deutschen Frauen konsumieren während der Schwangerschaft gelegentlich Alkohol.
(Berufsverband der Frauenärzte e.V.)
13%
der werdenden Mütter rauchen zu Beginn der Schwangerschaft.
(Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung)
Ab einem Verzehr von 1,5 l Bier oder 0,7 l Wein in der Woche steigt das Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen deutlich an.
(www.der-schwangerschaftsratgeber.de)
circa 2.600
Säuglinge kommen pro Jahr in Deutschland mit fetalem Alkoholsyndrom zur Welt.
(Berufsverband der Frauenärzte e.V.)
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